Implantologie in der ZWR

Ein Behandlungserfolg stellt sich in der Implantologie erst im Laufe der Zeit ein. Implantatgetragener Zahnersatz, der unmittelbar nach Eingliederung wie ein Erfolg aussieht, kann sich nach ein paar Monaten oder Jahren als Misserfolg entpuppen. Entscheidend für den langfristigen Behandlungserfolg in der modernen Implantologie ist der Erhalt des periimplantären Hart- und Weichgewebes. Freiliegende Implantatschultern sind schwer therapierbar, immer mit ästhetischen Nachteilen verbunden und führen letztendlich zu unzufriedenen Patienten.

Dr. Igor-Michael Borrmann, Dr. Christina Ludwig

Falldarstellung

Im folgenden Fall wurden vor 10 Jahren in regio 11 und 13 ANKYLOS®-Implantate (DENTSPLY Implants, Mannheim) inseriert. Die Implantation erfolgte im Anschluss an eine Augmentation mit monokortikalem Blocktransplantat. Im Januar 2002 stellte sich der damals 57-jährige Patient mit parodontalen Beschwerden an den Zähnen 11 und 13 in unserer Praxisklinik vor. Der Patient war Nichtraucher und anamnestisch unauffällig. Er beklagte eine zunehmende Lockerung seiner Zähne 11 und 13 (Abb. 1, 2). Die Zähne 11 und 13 waren aufgrund des parodontalen Befunds nicht erhaltungswürdig. Der Knochenabbau an Zahn 12 beschränkte sich auf das koronale Wurzeldrittel, der Zahn wies keine nennenswerte Lockerung auf und war naturgesund. Gemeinsam mit dem Patienten entschieden wir uns für die Extraktion der beiden Zähne 11, 13, und versorgten ihn mit einer Interimsprothese. Nach den Extraktionen zeigte sich das gesamte Ausmaß der knöchernen Defekte. Aufgrund der Größe der Defekte musste der
Implantation eine Augmentation mit monokortikalem Blocktransplantat vorausgehen.

Für den operativen Eingriff erfolgte eine präoperative antibiotische Abschirmung mit Clinda-saar (Chephasaar, St. Ingbert). Ende März 2002 führten wir die Augmentation durch. In regio 48 wurde in Lokalanästhesie ein monokortikaler Block entnommen. Die Empfängerregion 11–13 wurde durch Präparation eines großzügigen Mukoperiostlappens übersichtlich dargestellt. Zur lateralen und vertikalen Augmentation konnten die Knochenblockteile mit je einer Osteosyntheseschraube im ortständigen Knochen in regio 11 und 13 fixiert werden (Abb. 3). Die Kanten der Transplantate wurden abgerundet und Inkongruenzen mit dem Knochenersatzmaterial Bio-Oss fein (Geistlich, Wolhusen) aufgefüllt. Abschließend
wurden die Augmentate mit selbstresorbierenden Membranen (Bio Gide, Geistlich, Wolhusen) bedeckt und diese mit je 2 Titanpins fixiert. Das Periost wurde geschlitzt und der Wundverschluss erfolgte mit Goretex-Nähten. Die Wundheilung nach dem operativen Eingriff verlief ohne Komplikationen.

Nach der Augmentation war eine Konsolidierungsphase von 5 Monaten geplant. Der Patient wurde 2 Monate später zur Kontrolle einbestellt. Dabei stellten wir fest, dass in regio 13 die Osteosyntheseschraube die Gingiva perforiert hatte. Der Patient wurde daraufhin 4 Wochen später erneut einbestellt, um diese zu entfernen. Ende August 2002 erfolgte die Implantatinsertion von 2 ANKYLOS®-Implantaten mit 3,5mm Durchmesser und einer Länge von 14mm in das gut verknöcherte Augmentat. Ein ausreichender Mindestabstand der Implantatschultern zu den Nachbarzähnen sowie die korrekte bukkoorale Platzierung wurden bei der Implantatpositionierung berücksichtigt (Abb. 4). Die Implantate wurden leicht subkrestal positioniert und waren primärstabil. Eine Woche später wurden die Nähte entfernt. Die Wunde stellte sich völlig reizlos dar. Nach 5-monatiger subgingivaler Einheilzeit fand Ende Januar 2003 die Implantatfreilegung statt. Vier Wochen später erfolgte die Abformung mit einem individuellen Löffel in offener Technik mit einem Polyether-Abformmaterial (Impregum, 3M ESPE, Seefeld).

Weitere 2 Wochen später wurden die definitiven Abutments einprobiert, mit Kunststoffschlüsseln fixiert und mit dem Drehmomentschlüssel verschraubt. Anschließend wurden die laborgefertigten Provisorien eingesetzt.

Am 2. April 2003 fand die Rohbrandeinprobe statt. Die abschließende Eingliederung der im hauseigenen Labor gefertigten Keramikkronen erfolgte mit ImProv (Dentegris, Duisburg), einem eugenolfreien Zement, speziell für implantatgetragene Restaurationen (Abb. 5, 6). Im November 2003 nahm der Patient am 1. Recall-Termin teil und kommt seitdem regelmäßig alle 6 Monate zur Kontrolle (Zahnfilm- und Fotodokumentation Juli 2012) (Abb. 7, 8).

Fazit

Zehn Jahre nach Implantatinsertion sind die Knochenverhältnisse röntgenologisch stabil. Der durch die chronische Entzündung entstandene Hartsubstanzdefekt konnte nach Zahnentfernung dauerhaft durch eine Augmentation mit monokortikalem Blocktransplantat rekonstruiert
werden. Die Weichgewebe stellen sich heute klinisch zufriedenstellend und reizfrei dar


Quelle: ZWR – Das Deutsche Zahnärzteblatt 2012; 121 (11)